Zeitenwende für die Luftwaffe?

Olaf Scholz‘ Rede am 27. Februar war ein kraftvollesBekenntnis zur NATO, zur Bundeswehr und zu der Not- wendigkeit, endlich alles Nötige zu tun, um Deutschland bündnis- und verteidigungsfähig zu machen. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben diesem Bekennt- nis vertraut und unterstützen seitdem Kanzler und Am- pelregierung bei allem, was der Bundeswehr dabei hilft. Darum haben wir als Opposition für ein Sondervermö- gen für die Bundeswehr gekämpft, das einen echtenMehrwert scha t, und es gemeinsam mit der Regierung auf den Weg gebracht. Bescha ungen wie die Tornado-Nachfolge, der Schwere Transporthubschrauber und TLVS stehen jetzt dafür.

Die Dimension Luft ist im Sondervermögen mit dem Löwenanteil an Finanzmitteln bedacht. Doch es gilt: Unsere Bundeswehr droht nach der Zeitenwende klei- ner zu sein als vorher. Das liegt an der Ambitionslosig- keit der politischen Führung, jetzt auf Worte auch Taten folgen zu lassen.

Allein die Luftwa e wird weniger Luftfahrzeuge haben alszuvor. Über die Zukunft hochwichtiger Fähigkeiten (bspw. Jagdbomberrolle) ist noch immer nicht entschieden. Es be- darf neben einer lückenlosen Ablösung von Altsystemen der Abbildung aller aktuell bereitgestellten Fähigkeitenund der Aufwuchsfähigkeit – sowie nicht zuletzt der Erfül-lung der Bündnisverp ichtungen.

Wie soll die Verringerung der Flotte kompensiert werden? Ganz klar fordern wir auch die Weiterentwicklung deswesentlichen Fähigkeitsträgers der Luftwa e (bspw. imBereich ECR u. IDS-Rolle). Hiermit könnte neben den rein operationellen Aspekten der derzeit enorm vernachlässig- te Bereich von Entwicklung & Forschung zum Erhalt von Schlüsseltechnologien und der Militärluftfahrt in Deutsch- land im nationalen Interesse vorangetrieben werden.Beim Projekt Schwere Transporthubschrauber – ein As-set, das die Luftwa e vorrangig für die Landstreitkräfte betreiben wird – besteht hoher Handlungsdruck, denn einbruchfreier Erhalt der Fähigkeit zur taktischen Luftverle- gung ist in einem dynamischen Einsatzszenario von über- ragender Bedeutung. Die Ablösung der CH-53G-Flotte ist

zwingend. Bei deren Nachfolge den Weg der Bescha ungeines marktverfügbaren Modells zu gehen, ist folgerich- tig. Nicht einsichtig ist die frühe Festlegung auf eines der beiden möglichen Modelle. Wenn beide Modelle weiterbetrachtet worden wären, hätte eine nale Entscheidung auch ohne Zeitverzug getro en werden können. Damithätten auch Aspekte der Industrie- und Bündnispolitik das ihm gebührende Gewicht erhalten.

Auch bei der Luftverteidigung fehlt bis heute ein klaresKonzept. Es ist mehr als o ensichtlich, dass die Verteidi- gungsfähigkeit gegen Bedrohung aus der Luft vorran- gig wieder aufzubauen ist. Insbesondere fehlt nach wie vor eine schnelle Anfangsbefähigung zum begleitendenSchutz unserer Kräfte an der NATO- Ost anke bei eFP undVJTF(L).

Der Verteidigungshaushalt 2023 zeigt: Diese Regierunghat o ensichtlich nicht verstanden, was Zeitenwende fürunsere Streitkräfte wirklich bedeuten muss. Wenn sie ihre eigenen Ankündigungen wirklich ernst nehmen würde, hätte sie diesen Haushalt nicht vorlegen dürfen. Ein Etat,der gerade einmal 1.6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht – sogar unter Berücksichtigung von Mitteln des Sondervermögens – ist absolut desaströs für die Zukunftder Bundeswehr. Auch die Mittelfristige Finanzplanungzeigt keinerlei Aufwuchs, der schon aufgrund von In ationund steigenden Lohnkosten dringend geboten wäre.

Mit dieser Finanzplanung wäre nach dem Jahr 2026 ausdem Haushalt nur noch das Betreiben der Bundeswehr möglich. Alle Rüstungsinvestitionen, beispielsweise der große Posten Munition, müssten dann ausschließlich aus dem Sondervermögen bezahlt werden. Nach dessen Auf-brauchen (ca. 2027) klappt dann die Finanzierung unsererStreitkräfte endgültig zusammen und die Bundeswehrwäre pleite, beziehungsweise nicht mehr nanzierbar.Vor diesem Hintergrund wird immer klarer: Ein Sonder- vermögen ohne das nachhaltige Erreichen des Zwei-Pro- zent-Ziels ist nicht viel wert. Dies wird auch im Besonderendie Luftwa e spüren – Themen, wie Euro ghter LTE, FCASund die dazu notwendige, umfassende Ausstattung mit Hochwertmunition, würden in weite Ferne rücken.

Florian Hahn MdB

Aus: IDLw_Infoflyer_02_2022